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Eröffnung der Ausstellung | Montag, 12. April 2004, 18 Uhr
Evangelische Kirche Blankenese, Mühlenberger Weg 64


PROGRAMM DER ERÖFFNUNGSVERANSTALTUNG


Begrüßung durch die Kirchengemeinde
Pastor Klaus-Georg Poehls

Begrüßung durch den Verein
Dr. Martin Schmidt, Vorsitzender des Vereins
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Blankenese » Rede...

Zum Konzept der Ausstellung
Hannes Heer, Agentur exhibit » Rede...

Lieder von Felicitas Kukuck (1914-2001)
zu Gedichten von Selma Meerbaum-Eisinger (1924-1942)
Anja Saphir, Sopran
Marianne Marchand, Klavier

1. Den gelben Astern ein Lied | » Liedtext...
2. Schlaflied | » Liedtext...

Grußworte
Prof. Dr. Ina Lorenz, Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Hamburg

Grußworte
Hinnerk Fock, Bezirksamtsleiter Hamburg-Altona

Lieder von Felicitas Kukuck nach Gedichten von Selma Meerbaum-Eisinger
Anja Saphir, Sopran
Marianne Marchand, Klavier

3. Regenlied | » Liedtext...
4. Lied | » Liedtext...
5. Schlaflied für dich | » Liedtext...

Eröffnungsrede
Dr. Ralph Giordano » der Vortrag

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ZU DEN LIEDERN

Selma Meerbaum-Eisinger: Ich bin in Sehnsucht eingehüllt.
Gedichte eines jüdischen Mädchens an seinen Freund. Herausgegeben und eingeleitet von Jürgen Serke, Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag 1980.

Selma Meerbaum-Eisinger gehört nicht zu den von den Nazis verfolgten Dichtern, deren Werke auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Sie war 1933 knapp neun Jahre alt. Ihre ersten Gedichte entstanden 1939, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Selma wurde 18 Jahre alt. Sie hinterließ 57 Gedichte: Gedichte über eine Liebe, die mehr Traum war als Wirklichkeit, gewidmet ihrem Freund, der später auf der Flucht nach Palästina ums Leben kam. Gerettet werden Selmas Gedichte. Selma Meerbaum-Eisinger, geboren am 15. August 1924 in Czernowitz, starb am 16. Dezember 1942 in dem von der SS geführten Arbeitslager Michailowska.
(Aus der Einführung des Gedichtbandes)

Felicitas Kukuck: Sieben Lieder zu Gedichten von Selma Meerbaum-Eisinger, Kassel: Furore Verlag 1997 (Furore-Edition 582).

Felicitas Kukuck, geb. Cohnheim, wurde am 2. November 1914 in Hamburg geboren. Sie studierte in Berlin Komposition bei Paul Hindemith, erhielt aber wegen ihrer "teiljüdischen" Abstammung im "Dritten Reich" Berufsverbot. Von 1948 bis zu ihrem Tod am 4. Juni 2001 lebte und arbeitete sie in Blankenese. Die "Sieben Lieder" zu Gedichten von Selma Meerbaum-Eisinger sind das letzte Werk, das zu Lebzeiten der Komponistin veröffentlicht wurde.


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LIEDTEXTE

Den gelben Astern ein Lied

Sie blicken durch den Regen hell mich an,
so licht, dass sie die Sonne mir ersetzen.
Und gar nichts von des Regens Trauer kann
die leuchtend gelbe Freude mir verletzen.
Auflachend neigen sie sich in dem Grün,
das rein und frisch ihr Lachen mir begleitet -
ich leg' ihnen mein Lied zu Füßen hin,
weil sie mir eine Freude heut bereitet.
30.6.1941



Schlaflied

Schlaf, mein Kindchen, so schlaf schon ein,
so schlaf doch und weine nicht mehr.
Sieh nur, im Schlaf ist die Welt ja dein,
so schlaf schon und wein nicht so sehr.

Schließe die Augen und schlafe schon,
hör nur, es rauschet der Wald.
Im Schlafe da gibt es nicht Haß, nicht Hohn,
im Schlafe, da ist es nicht kalt.

Schlafe, mein Liebling, und lächle, Kind,
höre, der Fluß singt sein Lied.
Schlafe, dann singt dir vom Glück der Wind
und singt dir vom Frühling, der blüht.

Schlafe mein Kind und vergiß, was dich schmerzt,
dunkel ist für dich der Tag.
Hell ist die Nacht, wenn der Traum dich herzt,
so schlafe mein Kindchen, so schlaf.

Januar 1941



Regenlied

Des Regens starker Gesang wird zum Rauschen,
Das voller und voller erklingt.
Es schweigt selbst der Wald, um dem Liede zu lauschen,
Das der strömende Himmel ihm singt.

Es schäumen mit wuchtendem Anprall die Wasser
Vom Himmel zur Erde herab.
Es rasen die Ströme des Regens in nasser,
Wild stürzender Wut, die der Blitz ihnen gab.

Es duckt sich und beugt ihren Rücken die Erde
Unter dem peitschenden Sausen.
Wie vom Hufschlag einer hinrasenden Herde
Ist die Luft erfüllt von dem Brausen.

Dann wird das Rauschen zum raunenden Schallen,
Zum Murmeln von müder Süße.
Auf die Dächer vereinzelte Tropfen fallen
Wie ferne, glückstrunkende Küsse.

1.8.1941



Lied

Nimm hin mein Lied -
Es ist nicht froh,
Der Regen weint und weint.
Und wer ihn sieht
Weiß sowieso,
Wie es das Glück gemeint.

Es ist vorbei
Die helle Zeit,
Die Lachen uns gelehrt.
Sie ging entzwei,
Zwiespalt gedeiht -
Wenn auch die Welt sich wehrt.

Kehrt sie zurück?
Ich weiß es nicht.
Vielleicht weiß es der Wind.
Er kennt das Glück,
Wenn's nicht zerbricht,
So sagt er's uns geschwind.

Doch sieh, der Wind
Verbirgt sich doch -
Er ist ja gar nicht da.
Ganz wie ein Kind,
So glaubt er noch:
Nur er weiß, was geschah.

Nimm hin mein Lied.
Vielleicht bringt es
das Lachen einst zurück.
Und wer es liest,
Der sagt: Ich seh's,
und meint damit das Glück.

30.6.1941



Schlaflied für dich

Komm zu mir, dann wieg' ich dich,
wiege dich zur Ruh'.
Komm zu mir und weine nicht,
mach die Augen zu.

Ich flechte dir aus meinem Haar
eine Wiege, sieh!
Schläfst drin aller Schmerzen bar,
träumst drin ohne Müh'.

Meine Augen sollen dir
blinkend Spielzeug sein.
Meine Lippen schenk ich dir -
trink dich in sie ein.