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Dr. Martin Schmidt
Rede am 12. April 2004 in der Blankeneser Kirche am Markt anlässlich der Ausstellungseröffnung

Guten Abend,

ich heiße Martin Schmidt, vertrete den "Verein zur Erforschung der Geschichte der Juden in Blankenese" und heiße Sie alle herzlich willkommen.
Begrüßen will ich zwei Sorten Gäste, nämlich die einen, die normalen Honoratioren. Das sind die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft, der Bezirksversammlung Altona und die Mitglieder des Ortsausschusses Blankenese.
Das ist als Vertreter der Regierung von Hamburg Herr Bezirksamtsleiter Fock.

Aber wichtiger als diese normal zu ehrenden Gäste sind heute Abend die besonderen Honoratioren: die Angehörigen oder Nachkommen und Freunde der Menschen, denen diese Ausstellung gewidmet ist.
Ich begrüsse deswegen zuerst mit großer Freude die Angehörige der Vier Menschen, deren Leben wir in unserer Ausstellung hauptsächlich darstellen.
Als Angehörige von Julius Asch Frau Barbara Lippmann, eine Großnichte von Julius Asch.
Als Angehörige von Ida Dehmel: Frau Marian Evenhuis aus Holland und Herrn Dr. Francis van Menxel, beides Enkel von Nichten von Ida Dehmel.
Angehörige von Alma del Banco kann ich leider nicht begrüssen. Nach meiner Kenntnis ist da leider heute niemand da. Als Angehörige von Sophie Jansen begrüsse ich eine Reihe von Enkelinnen bzw. Enkel , und möchte namentlich hervorheben Frau Inge Williams, die aus England gekommen, mit zwei Töchtern und einem Schwiegersohn, sowie Herrn Carlos Erich Jansen, der aus Mexico gekommen ist.

Wir wollten in dieser Ausstellung aber nicht nur die Vier Schicksale vorstellen, sondern haben uns bemüht, die Schicksale all der Menschen in Erfahrung zu bringen, die entweder Juden waren oder von den Nationalsozialisten aufgrund ihrer Vorfahren zu Juden erklärt wurden. So entstand unser Gedenkbuch und so entstanden vielfältige Kontakte mit vielen Menschen, die wir gefragt haben oder die auf uns zugekommen sind. Ich begrüsse deswegen mit großer Ehrerbietung alle Angehörige und Nachkommen dieser Menschen, die heute Abend hierher gekommen sind. Ich kann Sie nicht alle nennen, aber ich weiß, daß viele von ihnen da sind.

Es ist ja seltsam, daß eine solche Veranstaltung und eine solche Ausstellung im Jahr 2004 stattfindet, die doch vor fünfzig Jahren auch schon etwas spät gewesen wöre. Warum machen wir das und warum heute noch?

Für nötig hielten einige von uns so etwa spätestens seit der 700-Jahr-Feier des Ortes Blankenese vor einigen Jahren, in der Blankenese kaum eine Geschichte hatte, nicht die des 20.Jahrhundert und schon gar nicht die von 1933 bis 1945. Auf der anderen Seite gab es seit einigen Jahren die Bemühungen des Kreises um die Seniorenakademie und den ehemaligen Probst Schmidtpott um die Wiedergewinnung der Kenntnisse des jüdischen Lebens im Hamburger Westen und es gab die Einzelkämpferin Gisela Dulon, die das Leben von Julius Asch rekonstruiert hat. Und so kamen einige Leute auf die Idee, das alles noch einmal gründlich anzugehen und gründeten einen Verein.

Unser Ziel ist es nicht, noch einmal Hitler zu besiegen, obwohl es immer noch gut ist, sich daran zu erinnern, daß er besiegt wurde. Unser Ziel ist auch nicht, alle Blankeneser zu belehren, was sie denken sollen. Wir bieten nur Dinge zum Anschauen und zum Lesen. Noch weniger wollen wir uns endlich auf die richtige Seite der Geschiche stellen. Wir berufen uns mit dieser Ausstellung auch nicht auf Geschichte, um ein aktuelles politisches Ziel durchzusetzen.
Nein, genau genommen haben wir ein ganz einfaches Ziel: Endlich, und zwar ziemlich spät, aber nicht zu spät. müssen die Menschen aus Blankenese, die von den Nationalsozialisten verfolgt, verjagt, umgebracht wurden, in diesem Dorf, in diesem Stadtteil geehrt werden. Das ist über 50 Jahre lang vergessen worden.

Und so betreiben wir Heimatkunde. Wir hätten uns ja auch "heimatkundlicher Verein" nennen können, und da hätte dieselbe Aufgabe vor uns gestanden.
Denn Heimat gewinnt man nicht bloß, indem man die Gestalt schöner Häuser, von denen es ja so viele hier gibt, bewundert oder verteidigt (wie den Süllberg oder die Herrenhäuser), sondern indem man auf das Schicksal der Menschen, die in den Häusern gelebt haben, schaut.

Wir haben in der Ausstellung unsere gegenwärtigen Kenntnisse der allgemeinen Geschichte und der persönlichen Schicksale aufgeschrieben. Das ist sicher schon ziemlich viel, dank der Hilfe so vieler, aber es ist mit Sicherheit sowohl fehlerhaft wie unvollständig. Wir bitten Sie alle um Korrekturen und Ergänzungen, wo es nötig ist.

Wir haben seit einem Jahr viele Hilfe von vielen Menschen, Gruppen und Institutionen erfahren. Dafür möchte ich mich bedanken.
  • als erstes der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde
  • dem Bürgerverein, dem Ortsauschuss usw.
  • dann den Machern der Ausstellung, Peter Schmidt, Petra Bopp und Hannes Heer, die entweder für umsonst, oder weit über das Honorar hinaus gearbeitet haben
  • den zahlreichen Sponsoren
  • und auch den vielen Menschen, die uns ermutigt haben.
    Ich hoffe, die Ausstellung enttäuscht sie nicht.